Schmerzen und Leid lindern

von Eve­line Harder

Dr. Ro­land Kunz sprach über „Per­spek­ti­ven von To­tal Pain in Pflege und Me­di­zin“. Foto: Kom­pe­tenz­zen­trum Pal­lia­tive Ger­ia­trie vom UNIONHILFSWERK

Am 9. Ok­to­ber 2020 fand die dies­jäh­rige Fach­ta­gung Pal­lia­tive Ger­ia­trie* als Dia­log­ver­an­stal­tung in ab­ge­speck­ter Form im Ho­tel MARITIM in der Stauf­fen­berg­straße statt. Nur 75 Teilnehmer:innen wa­ren un­ter stren­gen Ab­stands- und Hy­gie­ne­re­geln zu­ge­las­sen. Durch den BVG-Streik blie­ben aber ei­nige we­nige Plätze frei.

Es be­gann mit ei­ner Vi­deo­schal­tung nach Wien, in der die Eh­ren­vor­sit­zende der Fach­ge­sell­schaft Pal­lia­tive Ger­ia­trie Ma­rina Ko­jer das Gruß­wort sprach. Die Schirm­her­rin der Ver­an­stal­tung, Ber­lins Ge­sund­heits­se­na­to­rin Di­lek Ka­layci, hatte ih­ren Staats­se­kre­tär Mar­tin Matz avi­siert, der aber nicht erschien.

Es folg­ten sie­ben Im­puls­re­fe­rate. Dr. Ro­land Kunz, Zü­rich, sprach über „Per­spek­ti­ven von To­tal Pain in Pflege und Me­di­zin“. Er er­läu­terte die Vor­ge­hens­weise bei hoch­be­tag­ten Men­schen, da­mit diese gut ver­sorgt sind. Die Schmerz­be­hand­lung bei To­tal Pain wurde auf­ge­zeigt (s. Foto). Er ver­wies auf John Lo­ckes Aus­spruch „Freude und Schmerz las­sen sich nicht er­klä­ren, man kann sie nur aus Er­fah­rung kennen“.

Chris­tine Grün­wald, Wa­chen­heim, hatte das Thema „Schmerz frisst Seele“. Es gebe den kör­per­li­chen, see­li­schen, so­zia­len und spi­ri­tu­el­len Schmerz, die alle im Zu­sam­men­hang ge­se­hen wer­den müss­ten. Der spi­ri­tu­elle Schmerz zeige das Lei­den an der ei­ge­nen Le­bens­auf­gabe auf. An ei­nem Fall­bei­spiel er­klärte sie, dass aus „ei­ner Katze ein Ti­ger wird“ durch Nicht­schät­zung der Schmer­zen durch den Pflegenden.

Pro­fes­sor Dr. Ralf Jox, Lau­sanne, be­trach­tete To­tal Pain aus ethi­scher Sicht und er­läu­terte an ei­nem Fall­bei­spiel den spi­ri­tu­el­len Schmerz (Ver­lust, Ein­sam­keit, In­sti­tu­tio­na­li­sie­rung, Re­li­gion Fluch oder Se­gen und To­des­nähe). Er be­rich­tete dann über die Er­fah­run­gen in der Schweiz mit der Co­rona-Epi­de­mie. Co­rona wirkte sich als Ein­sam­keits­epi­de­mie aus. Ge­rade in den Pfle­ge­hei­men war die Si­tua­tion hoch bri­sant. So­cial di­stancing wurde ver­ord­net (we­nige Be­rüh­run­gen, Be­suchs- und Aus­geh­ver­bote), die Ver­ein­sa­mung nahm zu und die Hoch­alt­ri­gen star­ben. Auch eine Stig­ma­ti­sie­rung der Ri­si­ko­pa­ti­en­ten war die Folge, ein wohl­wol­len­des Ver­hal­ten wurde zum Ri­siko. Pro­fes­sor Jox wünschte sich mehr Wert­schät­zung von Care-Ar­beit und Em­pa­thie für To­tal Pain.

Ste­phan Hand­ra­schek, Berg Be­stat­tun­gen Ber­lin, hatte das Thema „Ab­schied­le­ben und Ab­schied­neh­men mit den Hin­ter­blie­be­nen“. Er be­dau­erte, dass die Be­stim­mun­gen für Be­er­di­gun­gen wie­der ver­schärft wur­den. Die Tren­nungs­ar­beit am Le­bens­ende sei aber wichtig.

Der Ta­gungs­lei­ter Dirk Mül­ler, Kom­pe­tenz­zen­trum Pal­lia­tive Ger­ia­trie (KPG) schloss mit dem Ap­pell, nicht die Ein­rich­tun­gen dicht zu ma­chen. Statt­des­sen müss­ten gute Lö­sun­gen ge­fun­den wer­den, um die Ab­schieds­kul­tur für To­tal Pain herauszuarbeiten.

Wei­ter In­for­ma­tio­nen zu To­tal Pain gibt es auf https://palliativ-schulung.com/2019/04/19/total-pain-was-heisst-das-fuer-die-praxis/

Die *Pal­lia­tive Ger­ia­trie sieht es als ihre wich­tigste Auf­gabe an, al­ten Men­schen bis zu­letzt ein be­schwer­de­ar­mes und wür­di­ges Le­ben zu er­mög­li­chen. Schmer­zen, be­las­tende kör­per­li­che Sym­ptome und soziale/seelische Nöte sol­len ge­lin­dert wer­den. Die Wün­sche und Be­dürf­nisse Schwerst­kran­ker und Ster­ben­der ste­hen im Mit­tel­punkt. Dies ge­schieht durch ei­nen Be­treu­ungs­an­satz, der so­wohl ku­ra­tive als auch pal­lia­tive Maß­nah­men ver­eint und sich im­mer mehr zu­guns­ten hos­piz­lich-pal­lia­ti­ver An­ge­bote verschiebt. 

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LANDESNETZERK BÜRGERENGAGEMENT BERLIN – Blog­bei­trag von Eve­line Harder
zu­letzt über­ar­bei­tet 22.10.2020

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