Bernd Schlömer zur Berliner Engagementstrategie

Das Landesnetzwerk Bürgerengagement Berlin befragt in loser Folge Politiker:innen im Abgeordnetenhaus zur Berliner Engagementstrategie. Heute antwortet Bernd Schlömer, Sprecher für Bürgerrechte, Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung der FDP-Fraktion.

Herr Schlö­mer, Sie ha­ben sich im Aus­schuss für bür­ger­schaft­li­ches En­ga­ge­ment und Par­ti­zi­pa­tion für eine Ber­li­ner En­ga­ge­ment­stra­te­gie ein­ge­setzt. Wozu braucht un­sere Stadt eine sol­che Strategie?

Foto: Ben de Biel

Das Eh­ren­amt ist ei­ner der Grund­pfei­ler mün­di­ger Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in Ber­lin. Al­lein in un­se­rer Stadt en­ga­gie­ren sich über 800.000 Men­schen un­ei­gen­nüt­zig in ei­ner bunten­ Pa­lette von Ge­sell­schaf­ten, kulturellen­, sport­li­chen oder so­zia­len Auf­ga­ben. Selbst die Ar­beit po­li­ti­scher Par­teien wäre ohne zivilgesell­schaftliches En­ga­ge­ment im Eh­ren­amt nicht vor­stell­bar. Und da­mit ist das Eh­ren­amt auch der Schlüs­sel zu ei­ner le­ben­di­gen, viel­fäl­ti­gen und selbst­bestimmten Bür­ger-Ge­sell­schaft und un­ver­zicht­bar für den Zu­sam­men­halt und das so­ziale Ge­füge un­se­rer Stadt. Ohne En­ga­ge­ment keine ro­buste liberale­ De­mo­kra­tie!

Das bür­ger­schaft­li­che En­ga­ge­ment ist aber auch kein Selbst­läu­fer, son­dern es braucht Un­ter­stüt­zung und An­er­ken­nung und Wert­schät­zung durch Po­li­tik und Ver­wal­tung – ein­fach Rü­cken­de­ckung durch uns. Eine En­ga­ge­ment­stra­te­gie verschafft­ hier Klar­heit und Trans­pa­renz und ist des­halb unverzichtbar.

Was hal­ten Sie für be­son­ders ge­lun­gen an der En­ga­ge­ment­stra­te­gie und wo se­hen Sie der­zeit den größ­ten Hand­lungs­be­darf bei ih­rer Umsetzung?

Ich möchte nichts wirk­lich her­vor­he­ben, zu­mal in un­ter­schied­li­chen Fo­ren und Arbeitskreisen­ viele Wo­chen und Mo­nate daran ge­ar­bei­tet wurde. Das, was jetzt Ein­gang ge­fun­den hat, ist gleich­ge­wich­tig be­deut­sam. Wenn ich aber Prio­ri­tä­ten nen­nen soll, dann ist es die Di­gi­ta­li­sie­rung. Wir müs­sen das En­ga­ge­ment zukunfts­fest­ ma­chen. Di­gi­ta­li­sie­rung muss ein ob­li­ga­to­ri­scher Be­stand­teil ei­ner lan­des­wei­ten En­ga­ge­ment­stra­te­gie sein. Hier habe ich ja auch ei­nen An­trag in das AGH ein­ge­bracht, der dann auch an­ge­nom­men wurde. Di­gi­ta­li­sie­rung be­deu­tet, neue Chan­cen für Mit­ver­ant­wor­tung und Teil­habe zu schaf­fen, In­klu­sion zu realisieren­ oder neue Ka­näle für neue Ziel­grup­pen auf­zu­bauen. Man hat fast unendliche­ Mög­lich­kei­ten.

In der Stra­te­gie wird emp­foh­len, das Lan­des­netz­werk Bür­ger­en­ga­ge­ment Ber­lin zu för­dern. Wie sollte Ih­rer Mei­nung nach ein sol­che För­de­rung aussehen?

Wie schon ge­sagt, es geht mir in mei­ner po­li­ti­schen Ar­beit um Un­ter­stüt­zung, Wert­schät­zung und auch För­de­rung von Ver­net­zung in der bür­ger­schaft­li­chen Mit­ver­ant­wor­tung. Das Lan­des­netz­werk leis­tet hier schon groß­ar­tige Ar­beit und wird von al­len Sei­ten da­für ge­lobt. Das muss auch hin­rei­chend an­er­kannt werden­. Wir ha­ben in der FDP-Frak­tion die un­ter­schied­li­chen En­ga­ge­ment­fel­der im­mer gerne un­ter­stützt und das wird auch so bleiben.

Wie schät­zen Sie die Be­deu­tung des Lan­des­netz­werks Bür­ger­en­ga­ge­ment für die Aktivierung­ der Zi­vil­ge­sell­schaft und für die Stär­kung der De­mo­kra­tie ein?

Ehrenamtliche­ Ak­ti­vi­tä­ten und bür­ger­schaft­li­ches En­ga­ge­ment sind ein zen­tra­les Zeug­nis zi­vil­ge­sell­schaft­li­cher Ver­ant­wor­tung in li­be­ra­len Ge­sell­schaf­ten. Ehrenamtliche­ En­ga­gierte tra­gen ent­schei­dend zum ge­sell­schaft­li­chen Ge­mein­wohl bei und über­neh­men viel­fäl­tige Auf­ga­ben, die sich Staat und Un­ter­neh­men nicht leis­ten kön­nen, wol­len, sol­len oder dürfen.

Was mich per­sön­lich au­ßer­or­dent­lich be­ein­druckt und hoff­nungs­voll in die Zu­kunft bli­cken lässt, ist der Um­stand, dass das Lan­des­netz­werk Bür­ger­en­ga­ge­ment – im Üb­ri­gen mei­nes Wis­sens ohne staat­li­che Un­ter­stüt­zung ge­grün­det – die häu­fig un­ter­schätzte Zu­sam­men­füh­rung von Ak­teu­ren aus den un­ter­schied­lichs­ten En­ga­ge­ment­fel­dern über­nimmt. Das Lan­des­netz­werk Bürgerengagement­ hat ge­merkt, wel­che im­mensen Syn­er­gie-Ef­fekte sich aus der bes­se­ren Ver­net­zung und Kom­mu­ni­ka­tion der gro­ßen Band­breite ver­schie­dens­ter Ver­eine und Or­ga­ni­sa­tion zie­hen las­sen und fun­giert hier an der Schnitt­stelle zwi­schen Or­ga­ni­sa­tion, Kom­mu­ni­ka­tion und Wis­sens­ver­mitt­lung. Denn ge­rade die fach­li­che Wei­ter­bil­dung, die in­terne und struk­tu­relle Mo­der­ni­sie­rung, aber auch mein Lieb­lings­thema Di­gi­ta­li­sie­rung sind kos­ten- und zeit­in­ten­sive Un­ter­fan­gen, die be­son­ders klei­nere Ver­eine und Ein­rich­tun­gen häu­fig vor im­mense Pro­bleme stel­len. Dass hier ein Netz­werk be­steht, wel­ches un­ter fach­li­cher Be­treu­ung und An­lei­tung er­laubt, ge­mein­same Fort­schritte mit im­mensen po­si­ti­ven Kon­se­quen­zen zu un­ter­neh­men, stimmt mich au­ßer­or­dent­lich po­si­tiv und Ih­nen ge­gen­über dankbar.

Ber­lin ist Eu­ro­päi­sche Frei­wil­li­gen­haupt­stadt 2021. Was sollte Ih­rer Mei­nung nach in die­sem Jahr ge­sche­hen, um die­sem Ti­tel ge­recht zu werden?

Dass Ber­lin aus­ge­rech­net im Jahr 2021 als Eu­ro­päi­sche Frei­wil­li­gen­haupt­stadt auf Bar­ce­lona, Lon­don, und Lis­sa­bon folgt, ist eine schöne An­er­ken­nung. Das viel­fäl­tige En­ga­ge­ment der Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner rückt nun­mehr auch international­ in den Mit­tel­punkt des Ge­sche­hens und för­dert die ge­lebte Mitverantwortung­ in der Stadt in Rich­tung ei­ner ganz neuen Wahr­neh­mung. Das kann auch die jet­zige Pan­de­mie nicht verhindern.

Die Pan­de­mie öff­net so­gar neue Pfor­ten und neue Chan­cen. An­ge­sichts der aktuell­ schwie­ri­gen Rah­men­be­din­gun­gen möchte ich aber be­schei­den blei­ben: Ich wün­sche mir ein­fach wie­der mehr di­rekte Kon­takte, un­mit­tel­ba­ren Aus­tausch und sicht­bare Ver­net­zung. Ich wün­sche mir und uns wie­der mehr Frei­heit. Darum ma­che ich Po­li­tik: für Frei­heit und Bürgerrechte.

In wel­chen Be­rei­chen en­ga­gie­ren Sie sich selbst bürgerschaftlich? 

Ich war seit mei­nem 8. Le­bens­jahr ei­gent­lich un­un­ter­bro­chen eh­ren­amt­lich ak­tiv. Erst als Mess­die­ner und spä­ter als Ju­gend­grup­pen­lei­ter mei­ner ka­tho­li­schen Ge­meinde, im Stadt­ju­gend­ring mei­ner Hei­mat­stadt, spä­ter in der stu­den­ti­schen Selbst­ver­wal­tung oder im zi­vil­ge­sell­schaft­li­chen En­ga­ge­ment bei der Kor­rup­ti­ons­be­kämp­fung. Dann kam mein um­fas­sen­des po­li­ti­sches eh­ren­amt­li­ches Engagement­ bei den Pi­ra­ten und der FDP dazu. Ich en­ga­giere mich ak­tu­ell uneigennützig­ auch noch bei LOAD, dem Ver­ein für li­be­rale Netz­po­li­tik. Mehr geht ge­rade nicht, aber da­bei bin ich ir­gend­wie immer.

Print Friendly, PDF & Email